Im Rahmen eines umfassenden Executive-Search-Prozesses berät ein Personalberater seine Auftraggeber bei der Suche und Auswahl von qualifizierten Fach- und Führungskräften. Um Top-Talente auf dem Markt ausfindig machen zu können, werden im Executive Search passive Kandidaten gezielt per diskreter Direktansprache (auch Direktsuche, Direct Search) rekrutiert.
Um einen qualifizierten Suchprozess gewährleisten zu können, muss der Personalberater über die notwendige Methodenkompetenz verfügen. Außerdem sollte er bereits über ein stabiles Netzwerk innerhalb der für den Auftraggeber relevanten Branche und Suchregion verfügen, um die besten Kandidaten schnell identifizieren, qualifizieren und letztlich im Auftrag des Kunden gewinnen zu können.
Ein wechselseitiger und vertrauensvoller Austausch von Informationen während des gesamten Projektverlaufs bildet eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung des Suchmandats. Um die Arbeitsweise eines Executive-Search-Beraters besser nachvollziehen und bewerten zu können, möchten wir uns im Folgenden den typischen Verlauf zur Besetzung einer Führungsposition genauer ansehen.
1.
Das Erstgespräch dient dem umfassenden Informationsaustausch zwischen dem Personalberater und seinem Kunden. Zunächst sollte der Berater seine fachliche und persönliche Kompetenz darlegen und im Dialog mit dem Auftraggeber ein gutes Verständnis für die Anforderungen an die vakante Position entwickeln. Eine weitere wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist ein tiefgründiges Verständnis des Marktumfelds und der Geschäftsziele des Auftraggebers.
Die Ausgangslage des Projekts und die Erwartungen des Auftraggebers an den zukünftigen Stelleninhaber werden vom Personalberater im unternehmerischen Kontext analysiert. Der Personalberater skizziert den allgemeinen Suchverlauf und erkundigt sich, welche vertraulichen Informationen während des Suchmandats an Kandidaten weitergegeben werden können. Aufbauend auf die Beschreibung des Wunschkandidaten wird vom Executive-Search-Berater eine ganzheitliche Suchstrategie definiert.
2.
Vereinbarungen zur Honorargestaltung sind klar und eindeutig zu formulieren und es sollen keine versteckten Kosten durch die Beauftragung einer Personalberatung entstehen. Um einen möglichen Imageverlust für den Auftraggeber durch unqualifizierte Doppelansprachen von potentiellen Kandidaten zu vermeiden, wird ein Personalberater mit der Suche grundsätzlich auf exklusiver Basis (sog. Alleinauftrag) beauftragt.
Zusätzlich sollte im Vertrag eine Garantieklausel enthalten sein, in der die Voraussetzungen für eine Nachbesetzung geregelt sind. Bei vorzeitiger Beendigung des Beratungsauftrags wird vertraglich üblicherweise geregelt, dass die bereits erbrachte Leistung des Personalberaters anteilig vergütet wird. Ein Auftraggeber kann auch honorarpflichtig sein, wenn er einen durch den Personalberater vorgestellten Kandidaten auf einer weiteren (bzw. nicht der ursprünglichen Vakanz entsprechenden) Position einstellt.
Kandidaten, die dem Auftraggeber im Rahmen eines Suchmandats präsentiert und anschließend eingestellt wurden, werden für einen bestimmten Zeitraum zukünftig nicht mehr angesprochen und im Auftrag eines anderen Kunden abgeworben.
3.
Im Anschluss an das Erstgespräch mit dem Auftraggeber erstellt der Personalberater ein detailliertes Anforderungsprofil an die zu besetzende Position. Dieses Profil bildet eine wichtige Grundlage für einen erfolgreichen Suchprozess und enthält insbesondere folgende Informationen:
Der Personalberater erarbeitet das Positionsprofil in enger Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber. Neben einer regelmäßigen Kommunikation mit der Personalabteilung sollte der Personalberater die Möglichkeit erhalten, mit dem künftigen Vorgesetzten des gesuchten Stelleninhabers ein Gespräch zu führen.
Der Auftraggeber sollte frühzeitig auf unrealistische Anforderungen im Positionsprofil sowie dementsprechende Erwartungen an potenzielle Kandidaten und den Ablauf des Beratungsauftrags hingewiesen werden.
4.
Die möglichst genaue Beschreibung der Such- und Auswahlstrategie zwischen Auftraggeber und Personalberater ist ein wesentlicher Bestandteil des Beratungsauftrags. Sucht der Personalberater potentielle Kandidaten über Stellenanzeigen (auch anzeigengestützte Suche genannt) oder kommt eine aufwendigere Suche per Direktansprache zum Einsatz?
Da erfolgreiche Führungskräfte nur selten auf dem freien Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, reagieren diese meist nicht auf eine Stellenanzeige. Um jedoch aus dem vollen Marktpotential schöpfen und auch passive Talente gezielt ansprechen zu können, kommt häufig ein Executive-Search-Berater zum Einsatz. Eine anzeigengestützte Suche eignet sich dagegen eher für Positionen, für die eine Vielzahl möglicher Bewerber in Frage kommt.
Die gezielte Direktansprache passiver Kandidaten setzt die Erstellung einer Liste mit Zielfirmen voraus, in denen passende Kandidaten vermutet werden. Nach Freigabe der Zielfirmenliste durch den Auftraggeber erfolgt die Identifizierung (sog. Ident oder Talent Mapping) von Führungskräften innerhalb dieser Unternehmen.
Die identifizierten Potentialkandidaten werden anschließend durch einen Researcher in eine Kandidatenliste (auch Longlist genannt) überführt. Sie enthält Informationen über alle Kandidaten, die im ersten Schritt für geeignet befunden wurden und weiter qualifiziert werden müssen. Der Researcher übernimmt ebenfalls die telefonische Erstansprache und qualifiziert mögliche Kandidaten grob vor.
Der Adressierte erfährt erst im Moment der Ansprache, dass ein fremdes Unternehmen an seinen Fähigkeiten und Qualifikationen interessiert ist. Die Direktansprache ist eine besonders sensible Angelegenheit, da sie am Arbeitsplatz des potentiellen Kandidaten und damit in der Sphäre des aktuellen Arbeitgebers stattfindet.
Der Personalberater muss bei der telefonischen Ansprache von möglichen Kandidaten daher die rechtlichen Vorgaben beachten. Er wird die Telefonate mit potenziellen Kandidaten mit der Zielsetzung führen, nach einer kurzen Darstellung seiner Person und des Anlasses des Anrufs das Gespräch außerhalb des Arbeitsplatzes des Kandidaten im Detail fortzusetzen.
In einem ausführlichen Telefoninterview außerhalb der Arbeitszeit verschafft sich der Berater einen vertiefenden Eindruck von den fachlichen Qualifikationen, der sozialen Kompetenz und dem Entwicklungspotential des Kandidaten.
5.
Der Personalberater prüft, ob die in den eingereichten Bewerbungsunterlagen gemachten Angaben plausibel erscheinen. Für die Eignung des Kandidaten erforderliche Zeugnisse und andere notwendige Bescheinigungen wird er gegebenenfalls vom Kandidaten nachfordern.
Der Personalberater überprüft die Korrektheit der gemachten Angaben und gleicht die im Lebenslauf enthaltenen Daten mit den beigefügten Zeugnissen und Nachweisen ab. Hat ein Kandidat gegenüber dem Berater nachweislich falsche Angaben (z.B. über seine Qualifikationen, frühere Arbeitgeber oder Zeugnisinhalte) gemacht, kann er vom weiteren Auswahlverfahren ausgeschlossen werden.
6.
Zu einem Interview mit dem Personalberater werden nur Kandidaten eingeladen, deren Qualifikation mit dem Anforderungsprofil weitestgehend übereinstimmt. In einem persönlichen Gespräch werden die geforderten und vorhandenen fachlichen und persönlichen Qualifikationen des Kandidaten im Einzelnen besprochen.
Zudem stellt der Berater sicher, dass sich die Erwartungen des Kandidaten an die zukünftige Position mit den gebotenen Perspektiven decken. Gleichzeitig werden die Kandidaten mit dem Zielunternehmen und der in Aussicht gestellten Vakanz näher vertraut gemacht.
Der Personalberater wird während des gesamten Suchauftrages den Auftraggeber regelmäßig über wesentliche Projektfortschritte informieren. Der Personalberater wird auch die Kandidaten in angemessenen Abständen über den Stand des Bewerbungsverfahrens informieren. Scheiden Kandidaten aus dem Such- und Auswahlprozess vorzeitig aus, werden sie zeitnah hierüber informiert.
7.
Nach Abschluss der Kandidateninterviews erstellt der Personalberater eine Liste mit drei bis fünf qualifizierten Kandidaten (sog. Shortlist), die er dem Kunden für eine engere Auswahl empfiehlt.
Basierend auf dieser Liste werden ausführliche vertrauliche Kandidatenberichte erstellt, in denen der Berater eine Einschätzung bezüglich der Passgenauigkeit der interviewten Kandidaten im Hinblick auf die zu besetzende Position abgibt.
Neben der Beurteilung der fachlichen und persönlichen Qualifikation enthält der Bericht auch Gesichtspunkte, die einer weiteren Klärung bedürfen und einer vertraglichen Einigung im Wege stehen könnten.
8.
Die Kandidatenpräsentation bezeichnet das erste persönliche Vorstellungsgespräch eines Kandidaten beim Auftraggeber des Personalberaters. In dem Gespräch werden Details zur fachlichen Qualifikation geklärt und eine Einschätzung der Persönlichkeit des Kandidaten vorgenommen.
Auf Wunsch des Auftraggebers nimmt der Personalberater an der Präsentation der selektierten Kandidaten teil. Bei den Interviews nimmt er eine moderierende Rolle ein und wirkt darauf hin, dass mögliche offen gebliebene Fragen geklärt werden.
Der Personalberater unterstützt das Unternehmen als objektiver Ratgeber in der kritischen Entscheidungsphase nach Abschluss der Interviews.
9.
Der Einholung von Referenzen kommt bei der Besetzung von Fach- und Führungskräften eine besondere Rolle zu. Deren Bedeutung steigt mit dem Grad der Verantwortung und der Relevanz der zu besetzenden Position.
Neben der fachlichen Qualifikation gibt eine Referenz Aufschluss über wichtige Eigenschaften des Kandidaten wie Vertrauenswürdigkeit, Führungsqualität und Teamfähigkeit. Der Personalberater wird den Kandidaten bitten, ihm mindestens einen (bestenfalls aber zwei oder drei) Referenzgeber zu benennen, mit denen er sich diskret in Verbindung setzen kann.
Wenn das Ergebnis der Referenzüberprüfung positiv verlaufen ist, unterstützt der Personalberater seinen Kunden anschließend bei den Gehaltsverhandlungen und der Unterbreitung des Vertragsangebots.
10.
Der Executive-Search-Prozess endet jedoch nicht mit der richtigen Entscheidung zur Stellenbesetzung, sondern beinhaltet immer auch ein professionelles Onboarding des erfolgreichen Kandidaten.
Unter dem Begriff Onboarding versteht man einen strukturierten Eingliederungsprozess neuer Führungskräfte in ein Unternehmen. Der Personalberater begleitet diesen Prozess aktiv und steht auch nach der Besetzung der Führungskraft dem Auftraggeber beratend zur Seite, um mögliche Konfliktpotentiale bei der Eingliederung frühzeitig zu erkennen und ihnen vorzubeugen.
EMPFOHLENE BEITRÄGE
Referenzen:
BDU - Grundsätze ordnungsgemäßer und qualifizierter Personalberatung (GoPB)
Experteer - Wie sich Executive Search und Personaldienstleister voneinander unterscheiden