Deutsche Firmen besetzen Schlüsselpositionen in China immer noch gerne mit Managern aus der Heimat. Doch Kostenvorteile, wachsende Kompetenz und längerfristige Bindung sprechen für chinesische Kräfte. Die Frage ist nur: Wie findet und hält man sie?
Rund drei Jahrzehnte ist es her, dass der erste Santana vom Band des Shanghai Volkswagen Joint Ventures gerollt ist. Seitdem hat sich China für die deutsche Automobilindustrie zum wichtigsten Produktionsstandort außerhalb des Heimatmarkts und zum bedeutendsten Absatzmarkt entwickelt. Nach Befragungen deutscher Unternehmen vor Ort zählt das Thema Personal zu den größten geschäftlichen Herausforderungen, gleich nach den schnell ansteigenden Lohnkosten.
Die Frage lautet also: Wie findet und hält man qualifiziertes Personal für Schlüsselpositionen? Da auf dem chinesischen Arbeitsmarkt dem steigenden Bedarf an Führungskräften nur eine begrenzte Anzahl qualifizierter Kräfte gegenübersteht, dürfte sich der Konkurrenzdruck ungebremst fortsetzen.
Besonders schwer wird es für deutsche Automobilzulieferer, die im Kampf um die besten Köpfe mit den prestigeträchtigen internationalen OEMs konkurrieren. Auch lokale Automobilhersteller sind in den letzten Jahren in der Gunst gut ausgebildeter Manager gestiegen. Wer keine wettbewerbsfähige Vergütung zahlt und keine attraktiven Anreize schaffen kann, wird seine besten Manager in China daher rasch an die Konkurrenz verlieren.
Wollten deutsche Automobilunternehmen Schlüsselpositionen in China besetzen, so griffen sie bis vor einigen Jahren insbesondere in der Aufbauphase in erster Linie auf Expatriates, kurz Expats zurück, also auf ins Ausland entsendete Fachkräfte. Heute setzen viele Unternehmen vermehrt auf die Kompetenz gut ausgebildeter chinesischer Führungskräfte oder auf sogenannte lokale Expats, die bereit sind, sich längerfristig an den Standort in China zu binden, und mit den kulturellen Unterschieden bereits vertraut sind.
Ein weiterer Grund dafür, dass sich deutsche OEMs und Zulieferer aktiv am Arbeitsmarkt vor Ort umsehen, liegt an den zusätzlichen Kosten, die für die Entsendung von Expats entstehen. Dazu gehören beispielsweise die Bereitstellung einer Wohnung auf Firmenkosten und Zulagen für das Schulgeld der Kinder. Das klassische Expat-Modell, das auf eine befristete Entsendung für drei bis fünf Jahre mit anschließender Rückkehrgarantie in die deutsche Zentrale setzt, scheint zunehmend der Vergangenheit anzugehören. Deutsche Manager sind jedoch weiterhin dort begehrt, wo spezielles Expertenwissen gefragt ist, etwa in der Entwicklung oder in der Qualitätssicherung.
Auch in der obersten Führungsebene setzen einige Unternehmen weiterhin auf Expats, die als Bindeglied zwischen der Muttergesellschaft und der China-Organisation agieren. Oftmals wird dann entweder der Posten des Geschäftsführers oder des Finanzleiters der China-Gesellschaft mit einem Expat besetzt.
Da die Bewertung des Führungsstils chinesischer Manager in der Praxis häufig mit Vorurteilen behaftet ist und somit mögliche Potenziale ungenutzt bleiben, ist es hilfreich, sich einige Unterschiede im Führungsverhalten im Vergleich zu deutschen Managern vor Augen zu führen.
Mit diesem Thema hat sich das EU SME Centre in Peking, das mittelständische europäische Unternehmen beim Markteintritt in China unterstützt, im Rahmen einer umfangreichen internationalen Befragung beschäftigt. Dort wurde deutlich, dass beispielsweise die Kommunikations- und Innovationsfähigkeit deutscher Führungskräfte stärker ausgeprägt ist. Dagegen pflegen chinesische Führungskräfte im Vergleich einen eher kooperativen Führungsstil und treten empathischer in Erscheinung.
Die Erkenntnisse der Studie (siehe Abbildung) tragen zu einem besseren Verständnis für die jeweiligen Führungsstile bei; sie helfen dabei, Entwicklungsfelder sowohl der deutschen als auch der chinesischen Manager aufzudecken und gezielt zu fördern.
Der Beitrag ist ursprünglich in der Zeitschrift Automobil Industrie im Themenspezial Management Recruiting erschienen. Eine PDF-Version des Artikels finden Sie hier.
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